Ökologie

Grundsätze der Waldbewirtschaftung

Mit dem Übergang zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung vor 300 Jahren ist die Geburtsstunde der Forstwirtschaft mitteleuropäischer Prägung verbunden. Bis zum heutigen Tage hat sich das Verständnis von Nachhaltigkeit weiterentwickelt. Nachhaltigkeit in der deutschen Forstwirtschaft bedeutet heute den an langfristigen Entwicklungen ausgerichteten, umweltverträglichen Umgang mit der Ressource Wald.
 
Die Grundlagen zur Sicherung einer multifunktionalen und nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder sind im Landeswaldgesetz Baden-Württemberg niedergelegt. Danach soll der öffentliche Wald im besonderen Maße dem Allgemeinwohl dienen und bei gleichzeitiger Erfüllung der Schutz- und Erholungsfunktion die nachhaltig höchstmögliche Leistung wertvollen Holzes erbringen.

Zertifizierte naturnahe Waldwirtschaft

Der Bühler Stadtwald ist nach den Richtlinien des „Program for the Endorsement of Forest Certification Schemes (PEFC)“ seit 2001 zertifiziert. Die Kriterien für das Zertifikat werden im Rahmen eines naturnahen Waldbaus seit vielen Jahren optimal erfüllt. Dieser umfasst den Aufbau, die Pflege und die Erhaltung naturnaher, standortgerechter und stabiler Wälder, die ihren Waldfunktionen gerecht werden. Unter ökonomischen Aspekten hat die Bewirtschaftung der Wälder die umweltfreundliche Holzerzeugung unter Berücksichtigung eines angepassten Verhältnisses von Aufwand und langfristig möglichem Holzertrag zum Ziel. Aus ökologischer Sicht steht die Förderung und angemessene Erhaltung regionaltypischer Waldarten und Waldbiotope im Vordergrund.
 
Die Eckpfeiler der naturnahen Waldwirtschaft sind:
  • Entwicklung leistungsfähiger, naturnaher Waldgesellschaften unter Berücksichtigung der Anforderungen durch den Klimawandel.
  • Förderung der biologischen Vielfalt (Biodiversität) und Baumartenvielfalt durch strukturierte Mischwälder.
  • Förderung der Stabilität des Waldökosystems und des Einzelbaumes durch regelmäßige Waldpflege.
  • Anwendung geeigneter Verjüngungsverfahren mit Schwerpunkt auf natürlicher Verjüngung unter Erhaltung eines ausreichenden Anteils alter Wälder.
  • Vermeidung von Schäden durch die Holzernte, Witterungseinflüsse, Insekten oder durch überhöhte Wildbestände.
  • Berücksichtigung der besonderen Belange des Natur- und Artenschutzes insbesondere auch mit Blick auf europarechtlich geschützte Arten sowie der weiteren Funktionen des Waldes.

Grundsätze im Detail

Nachhaltige Pflege des Waldes als stabiler, gesunder und naturnaher Teil des Ökosystems

Nur gesunde und vitale Wälder liefern ständig und auf Dauer Holz, filtern Wasser und Luft, schützen den Boden und bieten den Waldbesuchern Erholung. Zur Erreichung des Zieles werden im Stadtwald naturnahe und stabile Mischwälder mit möglichst hohen Anteilen an natürlicher Verjüngung angestrebt.
 
Im Bergwald wird eine femelschlag- bis einzelstammweise Nutzung mit langen Verjüngungszeiträumen angestrebt. Weißtanne und Buche als tragende Säulen natürlicher Wälder im Schwarzwald werden gefördert. Insbesondere in den tieferen Lagen des Stadtwaldes sollen auch klimatolerante Baumarten wie Douglasie, Eiche und Kastanie als Hauptbaumarten am Waldaufbau beteiligt werden. Die Fichte, als durch die Folgen der Klimaerwärmung besonders gefährdete Baumart, wird unterhalb einer Höhenlage von 500 bis 600 Metern Meereshöhe deutlich zurückgenommen.
 
Die Ziele eines Naturverjüngungsbetriebes können im Bergwald nur bei geregelten, der Biotop-kapazität angepassten Wildbeständen erreicht werden. Die aktuell flächig überhöhten Reh- und Rotwildbestände müssen deshalb reduziert werden, um das Ziel dauerhaft zu erreichen.
 
Im Auewald ist die natürliche Verjüngung häufig nicht möglich. Ursache sind wenig verjüngungs-freudige Standorte, hohe, auch durch eine ungünstige Wald-Feld-Verteilung begünstigte Rehwildbestände und der als Folge der Eschenerkrankung ortsweise erforderliche Wechsel des Waldentwicklungstyps.
 
Durch eine konsequente Überwachung und frühzeitigen Einschlag und Abfuhr befallener Bäume soll der Massenvermehrung von Borkenkäfern vorgebeugt werden. Ein besonderes Augenmerk ist in den Hochlagen auf die Borkenkäferentwicklung im benachbarten Nationalpark zu richten. Bei Massenvermehrung sind die Randbereiche zum Nationalpark besonders intensiv zu kontrollieren. Insektizide werden im Stadtwald zum Wohle der Umwelt nicht mehr eingesetzt. Mehrkosten für alternative Vorgehensweisen bei der Borkenkäferbekämpfung, zum Beispiel Zwischenlagerung des Holzes außerhalb des Waldes, werden, soweit unvermeidbar, gegebenenfalls in Kauf genommen.
Der Biotop- und Artenschutz hat in besonders geschützten Lebensräumen, die ihren Schwerpunkt in Natura 2000-Gebieten, Schonwäldern, im Naturschutzgebiet Waldhägenich und in den gesetzlich ausgewiesenen Waldbiotopen haben, Vorrang vor anderen Waldfunktionen. Entsprechend der Vorgaben der jeweiligen Verordnungen, Managementpläne und Biotopbeschreibungen sind hier Maßnahmen festgelegt, die dem Erhalt und der Entwicklung geschützter Waldlebensräume dienen beziehungsweise dem Schutz von seltenen Arten zu Grunde liegen.
 
Altholz sowie stehendes und liegendes Totholz sind für zahlreiche Arten wie Spechte, Fledermäuse, Käfer und Pilze wichtige Lebensstätten. Im Zuge der Waldbewirtschaftung werden totholzreiche Phasen des Zerfalls von Wäldern durch die Holznutzung weitgehend vermieden. Die gezielte Erhaltung von Totholz kann durch die Ausweisung von Waldrefugien, die der natürlichen Alterung und dem Zerfall überlassen werden, wesentlich verbessert werden.
 
Das „Bühler Waldnaturschutzkonzept“ stellt Flächen zusammen, auf denen Biodiversität und „Wildnis“ und somit Artenschutz im Stadtwald Bühl nachhaltig entwickelt und erhalten werden soll. Die „Urwaldinseln“ sind sehr alte, naturnahe Waldflächen und werden in der kommenden Forsteinrichtungsperiode nicht bewirtschaftet. Die Stadt verzichtet hier auf Einnahmen durch Holzeinschlag. Biotoppflegewälder und Urwaldentwicklungsinseln sind bisher schon herausragende Biotope und sollen als solche erhalten und weiterentwickelt werden, zum Beispiel Felsenlandschaften, Grindeflächen, Sonderbiotope wie alte Steinbrüche, besondere Habitate im Wirtschaftswald (Höhlenbäume, Totholzinseln) oder Quellwasserschutzwälder.
Alle Waldflächen erfüllen Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen. Eine zentrale Funktion für den Schutz der Waldökosysteme hat der Erhalt des Bodens mit seinen Nährstoffen, Bodenlebewesen und der Filterwirkung für das Wasser. Durch den als Folge von Emissionen aus Verkehr und Industrie inzwischen zwar reduzierten, aber immer noch spürbaren Eintrag von Stickstoff und Säure in die Wälder im Schwarzwald ist das Nährstoffgleichgewicht der Böden gestört. Die periodische Bodenschutzkalkung als zentrale forstliche Kompensationsmaßnahme ist deshalb auch zukünftig durchzuführen. Bodenschutzkalkungen sind auch eine wichtige Voraussetzung für den Erhalt der Qualität des Quellwassers und damit für die Trinkwasserversorgung.

Waldflächen mit besonderen Zielsetzungen (PDF)